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Freitag, 23. Dezember 2011

Energetischer Jahresrückblick 2011: Lichtblicke, Katastrophen & Co

Katastrophen und Lichtblicke - Skandale und positive Ereignisse. 2011 hatte in der Tat einiges zu bieten.

Wir wagen einen etwas ausführlicheren Jahresrückblick, der auch in diesem Jahr keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Alle Ereignisse aufzuzählen würde wohl den Rahmen eines Blogbeitrages sprengen. Daher halten wir es wie gewohnt lieber kurz und übersichtlich.



Katastrophen & Schattenseiten:

Beginnen wir mit dem Ereignis, das in der Kategorie „Katastrophen & Skandale“ den Titel „Katastrophe“ wirklich mehr als nur verdient hat und die Debatte um die zukünftige Energieversorgung aufs Neue auf die Agenda gebracht hat: Die atomare Katastrophe Fukushima ist wohl eines der größten Katastrophen der Menschheitsgeschichte überhaupt.

Merkwürdigerweise ist Fukushima derart oft in Medien thematisiert worden, dass sich ein gewisser Abnutzungseffekt ergeben hat und einige Menschen regelrecht abstumpfen lassen hat. Die große Frage am Ende des Tages ist und bleibt deshalb: Wie oft müssen sich derartige Katastrophen wiederholen, bis der Mensch aus seinen Fehlern lernt und tatsächlich Veränderungen hervorbringt?

Die Ökostromanbieter wurden in den Tagen nach Fukushima regelrecht überrannt von neuen Kunden. Mal Hand aufs Herz: Von welchem Stromanbieter beziehen Sie Ihren Strom? Ist Ihr Anbieter unabhängig oder nur ein weiteres Zahnrad im Getriebe der Atomindustrie?

Es ist eine traurige, aber fundamentale Erkenntnis, dass Ökostrom seinen Namen nicht immer verdient. Auswahlkriterium des „richtigen“ Stromanbieters sollte dabei stets die Unabhängigkeit des jeweiligen Anbieters sein.

Klar: Rein physikalisch ist der Strom aus der Dose vor Ort auch bei unabhängigen Ökoanbietern derselbe! Doch vergessen viele Menschen dabei den eigentlich entscheidenden Effekt der „geldlichen Umverteilung“. Denn die alleinige Sprache, die ein marktwirtschaftliches System versteht, ist letztendlich der Marktpreis, der sich über Angebot und Nachfrage bildet. Entscheidend ist mit anderen Worten der Geldfluss. Unternehmen, deren Geschäft allein auf den Verkauf von echtem Ökostrom ausgelegt ist, können kein Geld mehr für schmutzige Energieträger „abzwacken“, sondern müssen ganz im Gegenteil ihre regenerativen Erzeugungsquellen noch weiter ausbauen.

Doch nach Fukushima folgten weitere Ereignisse: Im August 2011 kam es im Landkreis Wolfenbüttel in dem Atommülllager Asse zu einem Schwelbrand aufgrund eines technischen Defekts an einer Schaltanlage im ersten Kellergeschoss des Gebäudeteils 12. Im gleichen Monat sprangen die Schutzeinrichtungen im deutschen Kernkraftwerk Brockdorf an. Das AKW musste daraufhin vom Netz getrennt werden. Radioaktive Strahlung sei dabei laut E.ON nicht ausgetreten.

Im Folgemonat September ging dann eine weitere Nachricht um die Welt, die Erinnerungen an das verheerende Schicksal Japans weckte: Die Explosion in einem Verbrennungsofen für schwach radioaktive Materialien in der Atomanlage Marcoule in Frankreich. Dabei wurde eine Person getötet und vier weitere Personen verletzt. Dies erreicht zwar bei Weitem nicht die Dimension des Unglücks in Fukushima, aber dennoch ist dieser Vorfall ein weiterer Beweis wie gefährlich und anfällig Atomprojekte auch hier in Europa sind.

Aus diesem Grunde sollte der politische Wille konsequent auf einen Atomausstieg gerichtet sein. Ein Ausstieg im eigenen Land darf somit nicht den Wiedereinstieg in ausländische Atomprojekte bedeuten. Deshalb ist die Rolle der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Ausbau von Atomprojekten im Ausland widersprüchlich. Man denke hier an das Vorhaben, erneute Zusagen zur Hermes-Bürgschaft über 1,3 Milliarden Euro zu geben (siehe bund.net). Ein politischer Widerspruch und Skandal.

Ebenso fragwürdig ist die EU-weite Erhöhung der geltenden Grenzwerte mit Blick auf die radioaktive Belastung von Lebensmitteln. Auch hieran war die Fukushima-Katastrophe wahrscheinlich nicht ganz unbeteiligt.

Richten wir nun einen Blick in Richtung Energieeffizienz: 2011 sind die hocheffizienten energetischen Gebäudesanierungen in der BRD nach Schätzungen der Deutschen Energie-Agentur (dena) im Vergleich zum Vorjahr um die Hälfte zurückgegangen. Gründe für diese Entwicklung sind laut dena vor allem die extreme Verunsicherung der Verbraucher durch den Streit um die zusätzlichen steuerlichen Anreize und die finanziell nicht ausreichenden Förderprogramme für energetische Gebäudesanierungen. In Sachen Energieeinsparung ein echter Rückschritt – ganz gleich woran der Rückgang auch liegen mag.

Zu nennen ist in dieser Kategorie abschließend auch der zweifelhafte Ausgang der Klimakonferenz in Durban, der auch von vielen Umweltschutzorganisationen kritisiert wird. Erst 2015 soll ein verbindliches und weltweites Klimaschutzabkommen abgeschlossen werden. Dieses würde dann erst 2020 wirksam werden. Frage: Wenn eine Uhr fünf vor Zwölf zeigt, warum muss man dann erst um fünf nach Zwölf darüber debattieren, ob und wie man einen Termin um 12:06 managen kann? Wo ist der politische Wille? Wo bleiben die rechtsverbindlichen Instrumente? Und noch eine andere Frage: Muss man überhaupt über die Zukunft unseres Planeten verhandeln? Wäre da nicht das eigentliche Handeln (!) weitaus besser?

Fördermittel & Energiekonzept der Bundesregierung:

„Klima schützen – erneuerbare Energien stärken“ lautet die Devise der Bundesregierung – auch vor dem Hintergrund der katastrophalen Ereignisse in Fukushima.

Die Bundesregierung verkündete in der Mitte des Jahres die Aufstockung des KfW-Gebäudesanierungsprogramms auf 1,5 Milliarden Euro im Rahmen des neuen Energiekonzeptes. In diesem Zusammenhang darf nicht verschwiegen werden, dass der dafür verfügbare „Förderpott“ im laufenden Jahr 2011 ohnehin auf 437 Millionen Euro zusammengestrichenen worden war. Insofern revidierte die Bundesregierung eigentlich nur ihren elementaren Fehler. Wohlgemerkt belief sich das Förderungsbudget 2009 noch auf zwei Milliarden Euro, was selbst in dieser Höhe mit Blick auf die Klimaschutzziele immer noch bescheiden klein ist.

In ihrem Energiekonzept setzt die Bundesregierung auf den Faktor Windkraft – an sich eine sehr gute Idee. Auffällig ist und bleibt jedoch, dass die anderen erneuerbaren Energieformen eher als Randnotiz auftauchen, wenn es etwa heißt: „(…) Wasserkraft, Fotovoltaik, Geothermie und Biomasse kommen hinzu.“.

Vor allem der Photovoltaikmarkt hat 2011 massiv gelitten. Dabei ist gerade die solare Stromerzeugung für eine dezentrale und moderne Energieversorgung ganz wesentlich. Vor allem deshalb, weil diese Form der Energieerzeugung die Energiewende in eine starke und oft unterschätzte Hand legt – nämlich in Bürgerhand! Denn letztendlich sind es doch die Bürger, die die Energiewende vorantreiben und den Wandel in diesem Land voranbringen.

Ein wahrer Lichtblick in der Förderpolitik des Bundes sind die historisch tiefen Zinsen. Für eine energetische Sanierung stellt der Staat für Gebäude, die vor 1995 erbaut worden sind, günstige Gelder bereit: Sage und schreibe einen Prozent effektive Zinsen bei einer zehnjährigen Zinsbindung bietet die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) den sanierungswilligen Bürgern an. Ohne Zweifel günstiges Geld. Nur ist dieses Signal noch lange nicht in der Bevölkerung angekommen, wenn man sich die bescheidenen Sanierungsquoten ansieht. Oder haben Sie schon mal einen Werbespot der Bundesregierung gesehen, der auf die günstigen Konditionen hinweist?

Da hängt es wohl auch zukünftig weiterhin am Energieberater, sich im Förderdschungel zu orientieren und dem Kunden maßgeschneiderte Finanzierungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Vielleicht ist die Förderpolitik in Deutschland aber auch einfach zu unbeständig und wechselhaft!? Wir erinnern uns beispielhaft: Die Förderung von Einzelmaßnahmen im Falle einer energetischen Sanierung wurde zum 01. September 2010 eingefroren und erst wieder im März 2011 neu aufgenommen. Das ist nun nicht gerade eine verlässliche Geldquelle und ist fernab einer zuverlässigen Planbarkeit.

Dennoch: Gute Zinsen für gute Maßnahmen sind ein überaus gutes und wichtiges Signal! Zumal die Bundesregierung auch angekündigt hat, das energetische Sanierungsprogramm zur Energieeffizienz (KfW-Programm: Energieeffizient Sanieren) auch 2011 fortzuführen. Sanierungswillige sollten die Gunst der Stunde also nutzen. Wer weiß wie lange die „gute Laune“ des Staates noch anhält?

In unserem Energieberatungsunternehmen haben sich jedenfalls die Anfragen in Sachen KfW-Förderung – entgegen dem Trend - deutlich erhöht.

Wie steht es um die Sonnenstromförderung? Die Solarindustrie und der SFV hatte die Bundesregierung mehrfach vor weiteren Absenkungen der Photovoltaikvergütung gewarnt. Dennoch hat die Regierungskoalition die Einspeisevergütungen im Zeitraum Januar 2009 bis Januar 2011 ganze fünf Mal außerplanmäßig abgesenkt und zum 01. Januar 2012 ist bereits die nächste „planmäßige“ Kürzung angekündigt.

Die außerplanmäßige Kürzung in der Jahresmitte 2011 blieb aus, da der Photovoltaik-Markt durch die Kürzungspolitik eingebrochen war. Laut SFV wurden im Zeitraum März bis Mai 2011 PV-Anlagen mit einer installierten Gesamtleistung von ca. 0,7 Gigawatt in Betrieb genommen, was auf das Jahr 2011 hochgerechnet einem jährlichen Zubau in Höhe von nur ca. 2,8 GW bedeutet (2010 waren es noch ca. 7,4 GW). Zusammenfassend eine eher traurige Bilanz, wenn man das technisch und wirtschaftlich Machbare in diesem Land im Blick hat.

Nicht umsonst kommt es laut einer Studie der Schweizer Bank Sarasin & Co. AG in den kommenden Monaten zu einer „Marktbereinigung in der Solarindustrie“, die laut Studie nur gut aufgestellte Unternehmen überleben werden.

Lichtblicke:

Der Atomausstieg ist tatsächlich eine wichtige Konsequenz aus Fukushima und wahrscheinlich die einzige positive Folge der sonst so traurigen Atomkatastrophe. Immerhin acht Kernkraftwerke wurden abgeschaltet. Dennoch ist Deutschland unterm Strich nach wie vor Stromexporteur, denn die BRD exportiert immer noch mehr Strom ins Ausland, als importiert wird. Der Beschluss, dass in Deutschland bis 2022 alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden sollen, ist insgesamt ein Grund zur Freude.

Zusammenfassend handelt es sich bei dem Atomausstiegsbeschluss jedoch um rund sieben Jahre mehr Laufzeit als es der rot-grüne Beschluss ursprünglich vorgesehen hatte. Nur gegenüber der ursprünglichen Planung von schwarz-gelb liegt - allerdings wenig überraschend - eine deutliche Verbesserung vor. Nach Fukushima später aussteigen als es eigentlich vor Fukushima von rot-grün geplant war? Sieht so ein konsequenter Ausstieg aus?

Immerhin: Erfreulich ist die Richtung der Entscheidung, auch wenn das Tempo des Ausstiegs zu wünschen übrig lässt.

Es ist zudem erfreulich, dass der Protest in Deutschland eine neue quantitative Dimension erreicht hat. Die Anti-Atombewegung konnte beispielsweise viele Erfolge in diesem Jahr feiern: Noch nie waren so viele Menschen auf der Straße. Es gibt viele neue und jüngere Gesichter und allein der Castorprotest konnte einiges erreichen.

In dem Bereich der Erneuerbaren Energien gibt es auch erfreuliche Geschichten zu berichten: Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik wurden 2011 rund 20 Prozent des Strombedarfs in Deutschland aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt. Ein beachtlicher Anteil, der weitaus weniger Subventionen verschlungen hat, als die konventionellen Energieträger. In der ersten Jahreshälfte 2011 wurden durch erneuerbare Energiequellen 57,3 Milliarden Kilowattstunden produziert. Im Vorjahr konnten in der ersten Jahreshälfte hingegen nur 18,3 Prozent durch die Erneuerbaren gedeckt werden. Ein Anstieg, der auch zum großen Teil dem in der Summe hohen Zubau von Photovoltaikanlagen zu verdanken ist.

Auch 2011 war Solarstrom für die Anlagenbetreiber rentabel, da die Kosten für schlüsselfertige PV-Anlagen auch 2011 wesentlich gesunken sind. Allein in den vergangenen fünf Jahren haben sich die Kosten laut Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) mehr als halbiert. Der BSW prognostiziert, dass der auf dem eigenen Dach produzierte grüne Strom schon 2014 günstiger sein wird, als die üblichen Haushaltsstromtarife.

Im Gegensatz zu dem leider weit verbreiteten Vorurteil, dass Strom aus erneuerbaren Energiequellen den allgemeinen Strompreis in die Höhe treibt, senken Erneuerbare Energien den Großhandelspreis für Strom nachweislich. Auf diese Weise ist der 16. Juli 2011 in die Geschichte der Stromwirtschaft in der BRD eingegangen. Zwischen 14 und 15 Uhr ist an diesem Tag der Strompreis am Spotmarkt der Strombörse EEX auf nur 2,5 Cent pro Kilowattstunde gefallen, was dem niedrigen Preisniveau von Nachtstrom entspricht. Maßgebliche Ursache dafür war der Solarstrom. Ein erneuter Beweis, dass die Erneuerbaren Energien volkswirtschaftlichen Nutzen bringen.

Eine bedeutende Randnotiz im Bereich der energiesparenden Beleuchtung ist der 01. September 2011, denn seitdem gibt es die klassische 60-Watt-Glühlampe im Handel nicht mehr zu kaufen. Das begründet sich in einem Verbot, ineffiziente Glühbirnen zu verbreiten. Ein kleiner Siegeszug für die Energieeffizienz - schließlich ließen sich allein in Deutschland zwei Atomkraftwerke einsparen, wenn ausschließlich sparsamere Leuchten zum Einsatz kämen.

Und zum Schluss unser persönlicher Lichtblick: Mit unserem Energieberatungsteam konnten wir 2011 noch mehr für die Energiewende tun, da wir unseren Kundenstamm weiter nachhaltig ausbauen konnten. Wir haben viele Sanierungsvorhaben und Projekte begleitet und möchten uns daher für die gute Zusammenarbeit in diesem Jahr bedanken. Unser Dank gilt unseren Kunden, Geschäftspartnern, Kollegen und Freunden.

Mit dem Jahr 2011 geht ein ereignisreiches Jahr zu Ende. Vor allem Fukushima hat gezeigt, dass das fossil-atomare Zeitalter nun endgültig der Vergangenheit angehören muss. All unsere Hoffnung liegt nun in der Zukunft. Es geht um zentrale Themen: Wir brauchen mehr Energieeffizienz und einen schnellen Umstieg auf Erneuerbare Energien.

Ein Ziel, an dem wir als Energieberater auch mit unseren Kunden und Gleichgesinnten arbeiten.

Wir wünschen Ihnen ein erholsames Weihnachtsfest und freuen uns gemeinsam mit Ihnen auf das Jahr 2012.

Ihr enerpremium-Team

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